Sonntag, 20. März 2016

Kleider machen Leute, auch im Investment Banking

Viele Berufsgruppen verwenden Berufskleidung. Die Berufskleidung der Investmentbanker ist der Anzug. Dieses Gewand besteht aus Jacke und Hose aus demselben Stoff. Erst Ende der Dreissigerjahre des 20. Jahrhundert hat sich der Anzug als gängiges Kleidungsstück für die Büroberufe durchgesetzt (Roetzel, 1999, 91). Vorher trug man Frack, Gehrock oder Cut zu verschiedener Hose.

Die Anpassung der Kleidung an bestimme Gruppennormen entspricht dem Bedürfnis nach sozialer Bestätigung und Zugehörigkeit. Anderseits ermöglicht die Kleidung auch die individuelle Selbstdarstellung. Die Statusfunktion äußert sich nicht nur als Kontrast zu anderen Gruppen sondern auch ganz entschieden innerhalb der Gruppe. Die Kleidung muss also der beruflichen Position, hier Associate, Vice-President, Managing Director, Partner angemessen sein. Diese Hierarchie ist ja auch zu einem weiten Teil kollinear mit dem Alter. An der Kleidung und den Accessoires wird die Position sichtbar. Zum Beispiel dürfen nur sehr hoch positionierte oder sehr bejahrte Banker Hosenträger (à la Gordon Gekko) verwenden. Die Regel lautet: "don’t stick out and don’t outdress the boss". Jungbanker, die es wagen, schicker als ihr Vorgesetzter auszusehen, können im schlimmsten Fall ihre Karriere ruinieren. Dasselbe gilt für Frauen, die zu gewagte Stöckelschuhe, zu früh zu viel Schmuck oder besonders auffällige Farben tragen. Die Investmentbanken geben sich, wie Politiker und Elite-Anwälte, sehr konservativ, was zum Teil an die viktorianischen Gentlemen gemahnt.

Investmentbanker bezeichnen sich selber als sehr detailbesessen; deshalb sind Unterschiede in Nuancen zu finden. Was aber immer gilt, ist, dass die Kleidung passen muss.

Einige wissenschaftlichen Studien untermauern die Tatsache, dass die Kleidung nicht nur nach außen wirkt, sondern einen Einfluss auf das Befinden, die Selbstsicherheit, die Verhandlungsstärke und sogar auf die kognitiven Fähigkeiten (Kraus und Mendes, 2014) entfaltet. Slepian et al. (2015, 666) schreiben:
Here [in der Studie], we demonstrate that not only does formal language increase abstract processing but so does formal dress.
Bis zum zweiten Weltkrieg war London das unumstrittene Zentrum der Herrenmode. Danach hat die italienische Konfektion begonnen, die Welt zu erobern. Die englische Auffassung ist sehr traditionell und auf Understatment bedacht. Die Schneiderei versteht sich als Handwerk und nicht als "Design".  Der häufigste Anzug ist der Zweiteiler mit zwei Knöpfen und zwei Seitenschlitzen (side-vents). Der Schnallenzug ist die britische Variante, bei der zwei außen am Hosenbund befestigte Bänder mittels einer Schnalle gegeneinander verstellt werden können. Denn die Hose hat nie Schlaufen, um einen Gurt zu tragen. Das Beinkleid ist eher kurz, zum Missfallen des kontinentaleuropäischen Geschmacks, ebenso sind die Ärmel so kurz, dass die Hemdmanschetten zu einem halben Zoll hervorschauen. Zur Auswahl stehen hunderte von Stoffen, wobei die Farbe dunkelblau oder grau in allen Stufungen sein sollte. Nadelstreifen sind typisch, wobei die starken Striche bis ins Clowneske gehen und den Amerikaner Al Capone, den gutgekleideten Gangster, in Erinnerung rufen. Extravaganzen darf man sich nur in den Details leisten, etwa eine ungewöhnliche Farbe des Innenfutters. Hornknöpfe sind allerdings Standard.

Die sartoriale Elite Großbritanniens an der Savile Row in London W1, bilden folgende "Bespoke Tailors": Davies & Son, Gieves & Hawkes, Anderson & Shappard, Spencer Hart, Huntsman, Dege & Skinner, Norton & Sons, Henry Poole & Co. Ein Massanzug "bespoke suit" kostet, beginnend bei ca. 3800 GBP, auch schon mal 6,000 GBP. Die Herstellung bedingt mehrere Anproben; die Fertigstellung dauert mehrere Wochen. Beim ersten Besuch wird Maß genommen und ein Papiermuster geschnitten. Darauf werden kleine Fehler wie "tiefe recht Schulter" zum Beispiel als Abkürzungen notiert, aber auch Akronyme wie SLABC für "stands like a broken-down cab horse" für Haltungsfehler festgehalten (Trucco, 1989).
Etwas billiger kommt man bei Chester Barrie weg, denn hier werden die Anzüge nach Grössen vorgefertigt und dann individuell angepasst.

Der zweite Pol der Herrenmode ist Italien, das nach dem zweiten Weltkrieg einen rasanten Aufstieg erlebte. Roetzel (1999, 108) schreibt über den grossen Gegensatz zwischen England und dem Land der Zitronen:
Auf der einen Seite britische Understatement bis hin zur Selbstverleugnung, auf dere anderen Seite jene Lust an der Selbstdarstellung, die sich bisweilen zu purer Eitelkeit steigern kann. Beides schlägt sich nieder in den grundsätzlich verschiedenen Anzugskulturen dieser einzig wirklich stilbildenden Nationen in Sachen klassischer Herrenkleidung.
Während früher der Stoff der Kleidung als Statussymbol galt, kommt nun der Name des Designers oder die Marke des Herstellers noch dazu. Kiton in Neapel, einer antiken griechischen Kolonie der die Marke ihren Namen verdankt, ist das Höchste der Gefühle. Genauso produziert Brioni von Massanzügen bis Fertig- und Bestellware.

In New York lebt die Institution Brooks Brothers, 1818 schon gegründet. Sie kleidete amerikanische Präsidenten, wie Abraham Lincoln, Theodore Roosevelt und John F. Kennedy ein und Größen wie Astor, Vanderbilt und J.P. Morgan sowie die Modeikone Gianni Agnelli. Im Jahr 1859 führte es die Fertigkonfektion, "Ready-Made clothing" ein, um den ungeduldigen Goldsucher schnellstens ausrüsten zu können. Berühmt ist der "Sack-Suit" und Serien, "Silhoutte" genannt, wie "Number-One", "Number-Two", "The Regent" etc. Alles ist sehr methodisch-amerikanisch.

Auch in den Investmentbanken gibt es "Modetrends". Beispielsweise nach dem Platzen der Dotcom-Blase, feierte der Anzug Urständ. Konservativ war wieder angesagt, Manager wollten sich auch optisch von den lockeren Startup-Gründern aus dem Silicon Valley absetzen. Dann kam die Finanzkrise und auf einmal waren klassische Machtzeichen, wie zum Beispiel Einstecktücher, nicht mehr angesagt.

Hemden werden auch gerne nach Mass gekauft. Wichtig ist, dass man nie kurzärmelige, mit Brusttasche versehene Oberbekleidung trägt (ist vielleicht etwas für NASA-Ingenieure) oder gestickte Initialien und farbige handgesäumte Knopflöcher erst ab einer gewissen Stufe anbringen lässt. Hier sind die Angelsachsen mit ihrer eigenen Methodik zu begrüssen; denn ihre Hemden sind sozusagen drei-parametrig: Ärmellänge, Kragenweite und Schnitt. Die Dress-Watch, die Uhr, welche glatt unter die Manschetten passt und somit nicht höher als sieben Millimeter ist, hat auch protzigen Flieger- und Taucheruhren Platz gemacht.

Ebenso wichtig sind die Schuhe. Der förmlichste und auch schlichteste Schuh ist der schwarze, rahmengenähte "Plain Oxford", im frühen 19. Jahrhundert entwickelt. Charakteristisch ist die gerade Kappe und die Innenschnürung (Blattschnitt), siehe Abbildung unten. Er passt ebenso zum Business als auch zu Hochzeit und Beerdigung. Etwas weniger förmlich ist der Derby, der eine Aussenschnürung aufweist. Er ist für Männer mit hohem Rist bequemer. Weniger förmlich sind die mit Löchern verzierten Varianten, Semi-Brogue mit weniger, Full-Brogue mit starker Verzierung und Flügelkappen (Vass, 1999, 77). Weitere Modelle sind der Monk (Schnallenschuh) und der Slipper oder Loafer, wiederum in den Ausführungen "Plain" oder "Brogue". Farblich kommt eigentlich nur schwarz in Frage; braune Schuhe sind in den USA im Gegensatz zu Italien verpönt.

Roetzel (1999, 155) schreibt:
Ein Blick auf das gängige Schuhwerk der deutschen Männer legt eher den Verdacht nahe, daß gute Schuhe hierzulande als überflüssige Investition gelten.
Die USA, Großbritannien und Italien sind große Schuhnationen bekannt. Maßgefertigte Schuhe, etwa von John Lobb in London, kosten ein Vermögen. Aber auch gute Schuhe von Church's und Crockett & Jones (England) oder Allen-Edmonds und Alden (USA) oder Fratelli Rosetti und Gucci (Italien) haben ihren Preis, d.h. von 400 EUR aufwärts. Bei Edward Green allerdings fangen die Preis bei 800 GBP an.

Wer sich gut einkleidet, vermittelt nicht nur seinem Gegegenüber Kompetenz und Seriosität. Die Kleidung hilft bei der mentalen Abstraktion, so dass man beispielsweise besser präsentieren kann. Wer also nicht schon von Natur aus intellektuelle Gravitas ausströmt, ist mit einer Investition in die Kleidung gut beraten, vorausgesetzt, der Chef kleidet sich nicht wie ein Spiesser.



Abbildung 1:  Untere Reihe,von links: Plain Oxford und Full-brogue-Oxford;
Mittlere Reihe: Plain Derby und Full-brogue-Derby;
Obere Reihe: Monk und walnussfarbener Derby. (Photo: C. Franzetti).



Literaturverzeichnis


Kraus, M. W. und Mendes, W. B. (2014). Sartorial symbols of social class elicit class-consistent behavioral and physiological responses: A dyadic approach. Journal of Experimental Psychology: General, 143(6), 2330.

Roetzel, B. (1999). Der Gentleman: Handbuch der klassischen Herrenmode. Könemann, Köln.

Slepian, M. L., Ferber, S. N., Gold, J. M., und Rutchick, A. M. (2015). The cognitive consequences of formal clothing. Social Psychological and Personality Science, Seite 1948550615579462.

Trucco, T. (1989). Beyond Savile Row. The New York Times, (2.4.1989).

Vass, L. (1999). Herrenschuhe handgearbeitet. Könemann, Köln.

Zwei Milliarden pro Jahr! -- Investmentbanken und Kriminalisierung

Im Recht gilt der einleuchtende Grundsatz "Nullum crimen, nulla poena sine lege", es gibt keine Straftat und damit keine Bestrafung ohne Gesetz und dessen Übertretung. Davon konnte Albert H. Wiggin von der Chase National Bank, eine der einflussreichsten Banker der Zeit, und viele andere privat profitieren. In der Untersuchung der Pecora Commission zum Börsenkrach von 1929, die viel Publikumsinteresse hervorrief, wurde viele Praktiken zur Selbstbereicherung bekannt. Der Stellvertretende Staatsanwalt von New York County Ferdinand Pecora, aus einer sizilianischen Einwandererfamilie, setzte die Elite der Wall Street massiv unter Druck. Die Praktiken der Spitzenmanager umfasste:
  • Aktienspekulation, 
  • Insider-Handel, Leerverkäufe von Aktien der eigenen Bank,
  • Organdarlehen,
  • Nebentätigkeiten,
  • "preferred lists" bei Neuemissionen,
  •  überhöhte Gehälter und Boni sowie
  •  ungerechtfertigte Pensionszahlungen.
Die Leerverkäufe in der Panik von 1929 sind ein dreistes Stück. Die Familiengesellschaft von Wiggin verkaufte massenweise Aktien der Chase National Bank leer, während deren Tradingabteilungen mit Stützkäufen versuchten den Kurs kurzfristig hoch zu halten, und zwar finanziert durch Darlehen der eigenen Bank. Es resultierte eine Gewinn in heutigen Einheiten von rund 140 Mio. USD, davon 55 in nur zwei Monaten.  Wiggin hielt 59 Aufsichtsratssitze, von denen er überschlagsmäßig 3.5 Mio heutige USD kassierte. Die "preferred list" umfasste rund 500 Personen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Bei diesen Personen platzierte J.P.Morgan, der sich zu fein für den Aktienhandel hielt, regelmäßig Aktien, die sich aus dem Umbau der Konglomerate ergab. Beispielsweise gab J.P.Morgan Alleghany-Aktien zu 20 USD ab, als auf dem grauen Markt sie schon zu 37 USD gehandelt wurden. Die Pension von Wiggin ohne Gegenleistung wäre über 1 Mio. USD gewesen. Aber auch für die Bank machte man zweifelhafte Deals: einem Unternehmen wurde eine Emission aufgedrückt, um den Bankkredit damit abzulösen. Man sehe Pecora (1948) für weitere Einzelheiten.

Diese Missbräuche wurden gegen den Widerstand der Wall Street in den Gesetzen als Straftaten kodifiziert oder zumindest durch erhöhe Transparenzanforderungen eingedämmt. Für die prominenten Banker resultierte ein erheblicher Reputationsschaden und Verbitterung. Wie man der Untersuchung entnehmen kann, sind schon um 1930 dieselben Methoden zu beklagen, die immer wiederkehren.

Die Kriminalisierung geht systematisch mit der Deregulierung einher. Seit 1980 hat sie Einzug gehalten. Die erste Welle geht auf die Deregulierung der Sparkassen (Savings and Loans) zurück. Die Höhe der Zinsen für Spareinlage wurde für Sparkassen liberalisiert, so dass diese mit den Banken zu konkurrieren begannen. Um den Kreditboom zu finanzieren -- massiven Expansion in die Immobilien- und Unternehmensfinanzierungen mit Junk-Bonds sowie der Verbriefung von Hypothekarkrediten --, überboten sich die Kassen mit Sparzinsen, denn die Einlagen waren ja bis 100,000 USD vom Staat garantiert. Zusätzlich nahmen die Kassen kurzfristige Gelder auf, um langfristige Projekte zu finanzieren. Anlagevermittler stückelten große Vermögen, um sie in 100,000er Paketen zu großzügigen Zinsen anzulegen. Zur Bekämpfung der Inflation stiegen die kurzfristigen Zinsen rapide, so dass die Fristentransformation zuungunsten der Sparkassen drehte. Fast alle Sparkassen rutschten tiefer in die Verlustzone, doch die Aufsicht senkte die ohnehin lockeren Kapitalvorschriften weiter und ließ die insolventen Sparkassen weiterfahren. Anfänglich versuchte die Einlagensicherung die Institute zu stützen, doch dann musste sie das Handtuch werfen. Es kam zu einer Serie von Bankrotten; den Staat hat die Übung rund 160 Mrd. USD gekostet. Bald wurde erkennbar, dass viele Geschäftspraktiken kriminell waren: Betrug, Insider-Handel und ungetreue Geschäftsführung. Viele Bankmanager wurden angeklagt und einige, rund tausend, wanderten ins Kittchen. Prominentester Krimineller war Charles Keating, der sich eine Sparkasse aneignete, um mit deren Geld zu spekulieren und Politiker zu bestechen.

Zur gleichen Zeit boomten die Leveraged-Buyouts, denn zur Finanzierung der Käufe diente die neue Asset-Klasse der Junk-Bonds, Obligationen sehr schlechter Qualität, für die ein Markt entstand. Personen, die an solchen Deals arbeiten, verfügen über lukratives Insiderwissen. Bekannteste Betrüger sind Michael Milken und Ivan Boesky.

Erst die Internet-Blase verhalf der kriminelle Energie der Investmentbanken zum Durchbruch. Bis hierhin blieben sie verschont. Der blinde Glaube an die Möglichkeiten der Internet-Firmen gepaart mit den Drückerkolonnen der Retail-Broker und dem Aufstieg der Analysten zu "Rainmakers" ermöglichte die Betrügereien. Berüchtigt sind Mary Meeker von Morgan Stanley Dean Witter, Jack Grubman von Salomon Smith Barney und Henry Blodget von Merrill Lynch, um nur die bekanntesten zu zitieren. Sie machten postitve Empfehlungen, obwohl sie wussten, dass die Aktien nichts wert waren.

Der Staatsanwalt Eliot Spitzer, der selber ein unrühmliches Ende nahm, verklagte mehrere Banken wegen des künstlichen Aufblasens von Aktienpreisen, Missbrauch von verbundenen Maklerunternehmen für falsche Investmentberatung und Verkauf von neuen Aktien bei Börsengängen an bevorzugte Personen, meist Geschäftsführer und Verwaltungsräte. Im 2002 handelte Spitzer mit den Investmentbanken und Maklern, der Börse und den Regulierungsbehörden eine Vereinbarung aus. Diese beinhaltete:
  • die Trennung von Aktien-Research vom Investmentbanking, d.h. vom Underwriting,
  • ein Verbot der Bevorzugung bei Börsengängen,
  • die Verpflichtung, unabhängige Research-Analysen zu produzieren,
  • Offenlegung der Interessen bei Empfehlungen durch Analysten und
  • substanitielle Sanktionszahlungen. 
Die ganze Busse betrug rund 1.4 Mrd. USD, aus heutiger Sicht ein Klacks.

Die Finanzkrise von 2008 und die folgend Jahren sind hinsichtlich der Klagen und Gerichtsurteile ziemlich unübersichtlich. Grund dafür sind die langen Verhandlungsdauern von der Untersuchung bis zur Anklage oder Einigung. Die Sub-Prime-Krise ist acht Jahre nach deren Ausbruch noch nicht vollständig aufgearbeitet. Die wichtigsten Tatbestände, die Banken im allgemeinen, und nicht Investmentbanken im speziellen, betreffen, sind die folgenden (Zahlen sind in Mrd. USD):
  • Sub-Prime Mortgage backed securities (Morgan Stanley 1.3, Bank of America 11.6, JP Morgan 13),
  • Zwangsversteigerungen (25 Mrd USD),
  • Währungsmanipulation (Citigroup, JPMorgan Chase, Barclays, RBS, total 5.6), 
  • Zinsmanipulation (UBS 1.5, Rabobank 1, ?),
  • Goldpreismanipulation (UBS, RBS, ?),
  • Sanktionsumgehung (Commerzbank, BNP 9),
  • Beihilfe zur Steuerhinterziehung (UBS, Credit Suisse 2.6),
  • Geldwäscherei (HSBC 1.9),
  • Unterlassene Anzeige (JP Morgans im Fall Madoff ?),
  • Emissionshandel,
  • London Whale (JP Morgan 0.9), 
  • Dark Pools (Credit Suisse, Barclays ?).
Die in den letzten Jahren bezahlten Bussen sind enorm. Was aber dennoch auffällt, ist die Tatsache, dass keine einzige Person für die obigen Verfehlungen erfolgreich verurteilt wurde, ja es gibt fast keine Anklagen gegen Manager und Spitzenbanker. In den USA können allerdings auch juristische Personen kriminell sein. Als Begründung wird immer wieder ins Feld geführt, dass die Banken so komplex sind und die Abläufe so verflochten sind, dass es unmöglich ist, der schuldigen Personen habhaft zu werden. Die Strafverfolger scheinen aber auch ihren Eifer nicht in diese Richtung gelenkt zu haben. Einige Straftatbestände haben kurze Verjährungsfristen, so dass man sich auch über die Runden retten kann. Die Information nach oben wird auch immer dünner, so dass die Spitzenleute einen systematischen Schutz erhalten. Deshalb haben die Banken häufig die Sanktionen ohne Schuldbekenntnis bezahlt; ein paar wenige haben sich schuldig bekannt, oder bekennen müssen, und gelten deshalb als kriminell.

Es gibt verschiedene Theorien, wieso Menschen kriminell werden. Die einen gehen von geborenen Kriminellen aus (Lombroso, 1876), andere sehen die kriminelle Veranlagung durch Normen, sozialen Druck oder durch Erziehung eingedämmt (Reckless, 1961; Hirschi, 1969) . In einer Gesellschaft, in denen die Zwecke (Pursuit of happiness, Reichtum) so prominent anerkannt werden, schaut man weniger auf die Mittel.  Lipset (1996, 47) argumentiert:
The stress on equality and achievement in American society has meant that Americans are much more likely to be concerned with the achievement of approved  ends than with the use of appropriate  means. In a country that values success above all, people are led to feel that the most important thing is to win the game, irrespective of the methods employed in doing so.
Verblüffend ist die Tatsache, dass ein Viertel aller Inhaftierter weltweit in den USA einsitzt!

Ethisches Verhalten und Moral über Verträge oder Richtlinien einzuverlangen, ist doch ziemlich naiv, entspricht allerdings einer stark durch das Recht geprägten Gesellschaft. Wohlverhalten zu kodifizieren führt schnell dazu, alles was nicht explizit verboten ist, als erlaubt zu betrachten.

Das Pikante an diesen Strafzahlungen ist, dass es hauptsächlich den Aktionär und die Gemeinschaft als Steuerbegünstigte trifft. Vielfach ging man davon aus, dass die Kriminalität eine "Privileg" der Banken sei; seit des Abgasskandals um den Volkswagen-Konzern ist man eines besseren belehrt. Dass sich deutsche Ingenieurskunst dafür hat hergeben lassen, ist eine herbe Enttäuschung. ebenfalls sehr anfällig sind natürlich die Pharma-Unternehmungen und die Rohstoffproduzenten.

Neben den Strafzahlungen kommen aber auch Kosten für Rechtsfälle, Schiedsgerichte und gütliche Vereinbarungen auf die Banken zu. Laut der Ratingagentur Moody’s haben die 15 größten Investmentbanken zwischen 2008 und 2014 rund 219 Milliarden USD für Rechtsstreitigkeiten aufgewendet. Das entspricht 2 Mrd. USD pro Jahr pro Institut! Seit 2012 musste die Deutsche Bank Strafen über 11.2 Mrd. EUR zahlen. Sie hat weitere 4,8 Milliarden Euro dafür zurückgestellt. Große Banken habe bis über Tausend schwebende Rechtsgeschäfte.

Während die Regulatoren am liebsten die Kultur der Banken bewerten und steuern möchten, sind die Strafzahlungen für die Institute ein ordentlicher Budgetposten geworden. Die Anzahl inhaftierter Banker geht gegen Null, wogegen die Strafzahlungen ins astronomische gestiegen sind. Ein weiterer Sieg der Banker über die Besitzer.


Literatur

Hirschi, T. (1969). Causes of Delinquency. University of California Press, Berkeley, 3.Auflage.

Lipset, S. M. (1996). American Exceptionalism: A Double-Edged Sword. W.W.Norton, New York.

Lombroso, C. (1876). L’Uomo Delinquente. Hoepli, Milano.

Pecora, F. (1973). Wall Street Under Oath: The Story of Our Modern Money Changers. A.M. Kelley, Clifton

Reckless, W. C. (1961). The Crime Problem. Appleton-Century-Crofts, New York, 3. Auflage.